Entwicklungshilfe - was für ein furchtbares Wort

 

 

Erfahrungshintergrund

 

In meiner beruflichen „industriellen Phase“ habe ich über 113 Projekte in über 80 Ländern aus dem Bereichen Wasserkraft, Abwasserbehandlung, Trinkwasserversorgung, Infrastruktur und Umwelttechnik von der Akquise ,über die Projektabwicklung bis zur Inbetriebnahme vor Ort begleitet und verantwortet.

 

In meiner beruflichen „nachindustriellen Phase“ habe ich ca.  80 „Entwicklungsprojekte“ aus dem Bereich Infrastruktur, Houseing, Trinkwasser, Katastrophenschutz  und Gesundheitswesen kennengelernt und teilweise initiiert und betreut.

 

In meiner „post-beruflichen Phase“ werde ich sukzessive die Verantwortung für Projekte weitergeben und mich aus dem „Vor-Ort-Einsatz“ zurückziehen.

 

Auf der Basis dieser Erfahrung hat sich bei mir die Meinung manifestiert, dass viele Ansätze, der so genannten „Entwicklungshilfe“, grundsätzlich überdacht werden müssen.

Nachstehend werde ich zu einigen, häufig gehörten und scheinbar richtigen Thesen Stellung nehmen und abschließend Vorschläge für einen neuen Ansatz formulieren.

 

 Drei gutgemeinte Entwicklungsprojekte zum Nachdenken

 

Nepal

Ein Bergdorf liegt 800 Höhenmeter über der Talstraße. Zur Versorgung des Dorfes haben Japaner einem Materialseilbahn gespendet. Ein Drittel der männlichen Dorfbevölkerung arbeitete im Ausland, ein drittel als Träger und ein drittel auf dem Feld (und im Alter als Hirte). 

Mit Einführung der Seilbahn waren die Träger arbeitslos und wanderten vom Dorf ab. 

Den ersten Schaden an der hochmodernen Seilbahn konnten die Dorfbevölkerung nicht reparieren und die Japaner kamen zur Hilfe. 

Ab dem zweiten Schaden blieb die Materialseilbahn stehen die Träger hatten wieder Arbeit und kamen zurück ins Dorf, die Kinder hatten wieder Väter und die Dorfgemeinschaft stabilisierte sich wieder.

 

Madagaskar

25 Personen der Universität Turin und Winterthur fuhren mit 5 nagelneuen Allrad-SUVs von Lehmdorf zu Lehmdorf und wunderten sich, dass ihre Solaröfen, die sie ein Jahr zuvor verteilt hatten, keine Verwendung fanden. 

Traditionell wird innerhalb von 30 Minuten auf Feuer gekocht.Jetzt betrug die Kochzeit 5 Stunden, die Glasflächen mussten regelmäßig entstaubt werden und der Kocher rdauernd nach dem Sonnenstand ausgerichtet werden. 

Die Temperaturanzeige in Zahlen für Analphabeten nicht aussagefähig.

 

Zentralafrika

Mein Nachbar auf einem Business-Class-Flug flog für drei Monate nach Zentral Afrika, um Brunnenbauprojekte zu „controllen“. 

Die Investitionssumme betrug 100 Projekte à 200 € gleich 20.000 €. 

Flug, Gehalt, Unterbringung, Auslösung für den Herren, der noch nie in Afrika war und sich sehr wegen Malaria, Schlangen und Übernachtungssituationen sorgte, war bei diesem Einsatz ein mehrfacher Betrag der Investitionssumme..

 

 

 

Thesen, die m.E. überdacht werden müssen

 

Bildung ist der Schlüssel zu allem

Falsch! 

Bildung zerreisst gewachsene Familie und Gesellschaften, weil zum einen Kinder in jungen Jahren bereits in Internate kommen und nur noch zweimal im Jahr den langen Weg nach Hause antreten. Oder im günstigeren Fall Schulen auf dem Land gebaut werden und die Kinder zwischen Schule und Hausarbeit zerrissen werden. 

Schulabschliesser finden zu Hause keine adäquate Arbeit, müssen die Heimat verlassen, ernähren die Familie aus der Fremde und geben somit der Restfamilie das Gefühl nicht aus eigener Kraft überlebensfähig zu sein.

 

Die Verbesserung der Infrastruktur ist wesentliche Aufgabe der Entwicklungshilfe

Falsch!

In unserem alpinen Raum haben wir eine hervorragende Straßensituation, die dazu führt ,dass Tagespendler am Wochenende für einen Tag in die Alpen fahren und die alpine Bevölkerung unter der Woche täglich zur Arbeit aus den Alpen hinaus fährt.

Ursprüngliche ländliche Berufsbilder und Sozialstrukturen,/Familienverbände zerbrechen.

Schlechte Straßen schützen ländlichen Regionen und ihre gewachsenen Strukturen!

 

Das Gesundheitswesen muss vorrangig verbessert werden

Falsch! 

Glück, Leid, Tod gehört zum Leben. In unserer „Wohlstandsgesellschaft „ sterben wir an Krebs, Fettleibigkeit, Herz-Kreislaufversagen.

Hier muss am deutschen Wesen muss nicht die Welt genesen. 

Wir müssen es lernen andere Wertigkeiten im Leben zu akzeptieren und nicht immer unseren Standard anderen aufoktroyieren zu müssen.

Natürlich ist es schwierig Kindersterblichkeit zu ertragen und Menschen an, für uns leicht heilbaren Krankheiten sterben zu sehen. 

Aber wer traditionell zehn Kinder in die Welt setzt, weiß auch, dass nicht alle das Glück haben werden alt zu werden.

 

Spenden helfen

Falsch! 

Spenden erniedrigen, weil sie den Menschen zeigen, dass sie aus eigener Kraft nicht überlebensfähig sind und sie beruhigen das „ schlechte Gewissen“ der Menschen, denen es besser geht. 

Naturkatastrophen haben schon immer zum Leben gehört und auch wir sollten lernen, so wie die Betroffenen, diese zu akzeptieren und anzunehmen.

 

Korruption muss bekämpft werden

Falsch!

Natürlich kranken viele Regierungen an Korruption. Es wird aber Generationen dauern diese „Traditionen“ abzuschaffen. Viel effektiver ist es Geld und Warenströme so zu organisieren und so klein zu halten, dass Korruption zu mühsam und somit ineffektiv wird. (austrocknen)

 

Schnelle Hilfe ist wichtig

Falsch!

Wer schnell hilft, respektiert nicht, das der „Hilfebedürftige“ der Herr des Prozesses ist. Wieviele Generationen hat unsere Entwicklung zum heutigen Standard gedauert?

Warum können wir nicht anderen einen Bruchteil dieser Zeit gönnen und meinen immer unsere Lernkurve anderen vermitteln zu müssen? 

Jedes Kind darf bei uns selber Erfahrungen machen und lernen, nur Menschen aus „Entwicklungsländern“ - damit ist gleich gesagt wer oben und wer unten ist- dürfen das nicht?

 

 

 

Ansätze für eine Entwicklungspolitik

 

Produkte

Wenn eine Dorfgemeinschaft ein marktfähiges Produkt erzeugen kann, wird sie Geld verdienen und es sinnvoll für eine gemeinsame, abgestimmte Weiterentwicklung einsetzen. 

Dies erzeugt Stolz und Selbstbewusstsein für die eigene Leistungsfähigkeit und ein Selbstwertgefühl, dass die Basis für weiteres Wachstum sein kann. 

Die dabei entschiedenen Projekte (Trinkwasser, Begegnungsstätte, Schule, Arzt, etc.) werden, da selbst verdient und in der Priorität festgelegt, viel achtsamer gepflegt und verwaltet als geschenkte Objekte

 

Rentensysteme

Häufig sind die Regierungen nicht in der Lage den Menschen die Sicherheit zu geben, dass sie freiwillig in einen Rentensystem einzahlen würden. Hier ist die Weltbank gefragt. 

Menschen, die sparen brauchen die Sicherheit entweder das angesparte ausbezahlt zu bekommen 

(Option 1: mit 50 oder 60 Jahren monatlich abrufbare Beträge in Höhe des durchschnittlichen monatlichen Einkommens ohne Verzinsung auszahlen oder 

Option 2: einen geringeren Betrag bis zum Lebensende als Rente durch Finanzierung über die Verzinsung auszahlen)

 

Überbevölkerung

Die Notwendigkeit für Kinderreichtum wird bei einem funktionierenden Rentensystem nicht mehr gegeben sein und damit entfällt auch die Erbteilung und die weitere Umwandlung von Naturräumen in landwirtschaftlich genutzte Flächen.

 

Umweltschutz

Zuerst muss der Vermüllung (Plastik) entgegen gewirkt werden.

Dies kann nur gelingen, wenn Plastik einen Wert erhält, zum Beispiel durch eine energetische Nutzung im kleinsten iindustriellen Umfang (Strom für ein Dorf). 

Hier ist unsere Forschung gefordert auch „kleines“ zu entwickeln und die Schulen, den Kindern ein neues Umweltbewusstsein vorzuleben und zu vermitteln

 

Dem Düngermitteleinsatz kann nur durch kleinbäuerliche Strukturen entgegen gewirkt werden, die wiederum nur dann überlebensfähig sind, wenn es eine regionale Nahrungsmittelversorgung gibt, für die wiederum schlechte infrastrukturelle Anbindungen nützlich sind und erhalten werden sollten.

 

Tourismus

Der Tourismus führt zu einer Landflucht, weil die „Cleveren“ in der Nähe touristischer Zentren wesentlich leichter und unverhältnismäßig viel Geld verdienen können. (siehe Türkei, …)

Damit wird die Intelligenz aus den ländlichen Bereichen abgezogen, familiäre Strukturen zerbrechen und harte Arbeit erhält nicht mehr die Wertigkeit, die sie haben sollte (Schweißer arbeitet 280 Stunden im Monat für 1,10 €/Std, Kofferträger bekommt 3 € Trinkgeld pro Koffer).

Der Tourismus muss in die Fläche, natürlich naturverträglich. 

Eine „Ortstaxe“ für Touristen, wie in Österreich/Schweiz/etc., muss kalendertäglich bezahlt werden (Modell Bhutan 60$/Tag) und staatlich gelenkt in die Verbesserung der Lebensumstände investiert werden.

 

Bilder zum Nachdenken

Solaröfen in Madagaskar

 

Projekt Unterkunft und Essen für Schotter

Die tägliche Suche

Neues Selbstbewusssein durch eigene Leistung/ Nahrungsgrundlage