Anfänger photographieren mit Vollautomatik P, Profis manuell mit M.
Wer hat das nicht schon mal gehört. Um es gleich vorwegzunehmen, ich bin ganz anderer Meinung.
Aber lesen Sie selbst:
Wenn ich ein Bild machen möchte, brauche ich eine Weile, bis ich mich auf das SEHEN wieder eingestellt habe. Man muss einfach ganz anders seinen Blick schärfen beim Photographieren, als im alltäglichen Sehen. (Zur Bedeutung des Sehens gibt es hier ein paar prominente Zitate.)
Es geht sogar noch eins weiter. Ich muss oftmals – bei „bewegter Materie“ – VORAUSAHNEN, dass sich eine Situation an einer bestimmten Stelle ergeben könnte, wie nachstehndes Bild verdeutlichen soll.
Diese beiden Tätigkeiten, sehen und vorausahnen, erfolgen teils intuitiv, erfordern aber volle Konzentration (ein Grund, warum ich bei Photoexkursionen mit Kursteilnehmern oftmals selbst nicht photographiere).
Und dann kommt der entscheidende Moment, ich PHOTOGRAPHIERE und muss mich, in Anlehnung an Thomas Leuthard „nur“ um 10 Dinge kümmern:
Ich denke, jeder wird verstehen, dass ich da jede erdenkliche Hilfe annehme, die mir die Ingenieure in den Photoapparat eingebaut haben,- selbst den Computer, der da drin ist und den ich teuer bezahlt habe.
Mein Wunsch ist, dass ich mich auf das Objekt konzentrieren kann und mein Apparat das tut, was notwendig ist. Dabei möchte ich aber schon noch Einfluss auf Schärfentiefe (Blende, Brennweite, Entfernung), Bewegungsschärfe (Zeit) und Rauschen (ISO) haben.
Die Einstellung P kann man nun als Vollautomatik (Schnappschuss, immer bereit) nutzen, sie kann aber noch mehr:
Sie berechnet mir immer eine, den Lichtverhältnissen angepasste Zeit/Blende-Kombination, die ich sehr schnell und einfach mit dem Daumen- bzw. Zeigefingerrädchen Richtung „Schneller/freigestellter“ oder Richtung „Langsamer/schärfentiefer“ drehen kann. Das können mittlerweilen die meisten Kameras.
Also muss ich mich nur noch um den richtigen ISO-Wert kümmern. Aber das weiß ich im Voraus. ISO 100 bei guten Lichtverhältnisse, ISO 400 oder mehr, je nach Kamerarauschen bei schlechten Lichtverhältnissen oder die ISO-Automatik, bei schnell wechselnden Lichtverhältnissen.
Diese 2 oder 3 Einstellungen kommen auf die Custom-Tasten oder, wenn nicht vorhanden, nehme ich sie im Voraus manuell vor.
Das Scharfstellen übernimmt mein Autofokus. Will ich meine Schärfe an einer anderen Stelle haben, als die Kamera sie anzeigt, drücke ich den Auslöser halb, schwenke ich die Kamera, wähl den Ausschnitt größer und beschneide nachträglich. Ein großer Vorteil von Vollformatkameras.
Damit reduziert sich das ganze Photographieren auf folgende Abläufe:
1.,In dem Raum, in dem ich mich bewege
2., Vor dem Photographieren
3., Beim Photographieren
4.,Nach dem Photografieren
Der Ablauf unter Punkt 3 ist der, der geübt werden muss, irgendwann in Fleisch und Blut übergeht und dann intuitiv erfolgt. Ziel ist nicht mehr Schritt für Schritt mitdenken zu müssen.
Zurück zum Ausgangsthema.
Mit der Einstellung „manuell M“ müsste ich zusätzlich Blende und Zeit einstellen und belichte dabei möglicherweise nicht optimal.
Zeit und Blende kann ich mit P auch beeinflussen und habe dabei die Sicherheit einer korrekten Belichtung und bin zur Not immer schnellschußbereit.
Selbst bei Landschaftsaufnahmen, wo ich Zeit zum Parametereinstellen hätte, kann ich mit P Schärfentiefe und Belichtungszeit beeinflussen
Also trainiere ich mir möglichst wenige Abläufe ein, die aber dafür so, dass sie sehr schnell funktionieren.
Bei der Gelegenheit noch ein kleine Nachsatz:
P, wie oben beschrieben und
Tv ,wenn nur ganz kurze Zeiten möglich sind (Bewegung) oder ganz lange notwendig sind (Nacht, bewegte Bilder) und
Av, beim Blitzen
mehr braucht es nicht.
Ihr Thomas Kögl (Januar 2016)
P.S.: In Zukunft P für Profis und M für Möchtegernprofis ? O.K. das war zu hart.
Beim Blitzen sieht die Welt gleich anders aus!