Schnee- und Lawinenkunde 

Schneeumwandlung (Metamorphose)

 

Abbauende Metamorphose --> sicherer

 

 Der Wasserdampfdruck über konvexen Formen (Kristallspitzen) ist größer als bei konkaven Formen (Kristalleinbuchtungen).

Durch diesen Druckunterschied wird das Eis an den Spitzen gasförmig, wandert als Wasserdampf zu den Einbuchtungen und wird dort eisförmig.

Die Kristalle werden dabei kleiner, rücken zusammen (sintern), der Porenraum wird kleiner, die Schneedecke setzt sich.

Dies erfolgt bei einer homogenen Schneedecke mit geringen Temperaturgradient.

Die Dichte und Festigkeit des Schnees nimmt zu.

 

Aufbauende Metamorphose --> unsicherer

Schwimmschnee                       Becherkristall                               Ärmchenförmige Strukturen

 

Schnee ist ein guter Isolator und somit befinden sich am Boden eine konstante Temperatur von ca. 0°C, wo hingegen die Schneeoberfläche stark in der Temperatur variieren kann. 

Bei einem grossen Temperaturunterschied (1Grad pro 4cm Schneehöhe) steigt der Wasserdampf der wärmeren Bodenschicht auf.

Trifft der Wasserdampf auf einen Eiskristall, lagert er sich an seiner Unterseite ab – der Kristall beginnt nach unten zu wachsen. Gleichzeitig sublimiert der gleiche Kristall an seiner wärmeren Oberseite und bildet so Nachschub an Wasserdampf für den darüberliegenden Kristall. 

Das runde Korn wächst zu kantigen Kristallen (Deposition), bis hin zum Becherkristallen (Schwimmschnee).

Eine Kristallschicht (Schwimmschicht) entsteht.

 

Vorwiegend bilden sich kantige Kristalle am Boden, das frühwinterliche Altschneeproblem.

Bei grossen Temperaturunterschiede in der Schneedecke beginnen auch in der Schneedecke eine Kritalisationen.

 

Bei häufigen Änderungen in der Temperaturgradiente führt eine Umkristallisation zu grösseren und weniger verbundenen Schneestrukturen. Die Schneekristalle wurden dabei in ärmchenförmige, abgerundete Kristalle umgeformt, die auch nach 14 Tagen noch keine kantigen Formen aufwiesen.

 

Schmelzumwandlung  --> unsicherer

 

Ab 0° Celsius und höheren Temperaturen findet die Schmelzumwandlung statt: Der Schneekristall beginnt an seinen Ecken und Kanten zu schmelzen und strebt eine Kugelform (Sulz) an. Die Freiräume zwischen den Kristallen werden kleiner und eine Setzung tritt ein. Jedoch nur vorübergehend! Sobald die oberen Schichten der Schneedecke wieder erwärmt werden tritt Schmelzwasser in die Freiräume der Schneedecke ein und führt somit zu einer Entfestigung.

 

Mechanische Umwandlung  --> unsicherer

Von mechanischer Umwandlung spricht man, wenn der Schneekristall durch äußere Einflüsse verändert wird, zum Beispiel durch Wind. Die Schneekristalle werden auseinandergerissen und wieder zusammengesteckt und dabei entsteht gebundener, feinkörniger Schnee (Triebschnee). Gebundener Schnee bedeutet, dass eine Spannung in der Schneedecke besteht, welche leicht durch eine Zusatzbelastung (zB. Freerider) gestört werden kann.

 

Schneedeckenaufbau

         Prüfung                                                                                     Kritisch sind

  • Allgemeiner Härteverlauf                                                        - weicher Schneeaufbau beim Rammversuch
  • Kornformen                                                                             - kantige, gerade Kristallflächen
  • Korngrößen                                                                             - grösser 1,5 mm
  • Korngrößenunterschiede zwischen benachbarten Schichten - mehr als 0,75 mm
  • Härte                                                                                       -  Härte 1 (Faust), Härte 2 (3 Finger)  zu 3 (1 Finger)
  • Härteunterschiede zwischen benachbarten Schichten           - 2 Härtestufen Unterschied
  • Rutschblockstufe und Art der Auslösung                                - grosse Blöcke mit glatten Gleitflächen
  • Schneehöhe und Mächtigkeit der abgeglittenen Schicht        - geringe Abrisshöhe und hoch liegende Gleitschicht

 

Schneeprofil erstellen Beispiel: 

https://www.youtube.com/watch?v=R3SzKcF0sBQ

 

Lawinenarten

Schneebrettlawine

  • trockener und nasser Schnee
  • Hangneigung > 30 Grad
  • Gebundene Schneeschicht auf Gleitschicht
  • Spontananriss, Zusatzlast zur Auslösung, Fernauslösung !
  • 90 % der Opfer

 

Lockerschneelawinen

  • trockener Neuschnee Hangneigung > 40 Grad
  • nasser Schnee riesig
  • werden oben ausgelöst
  • vergrössern sich im Abgang
  • Spontanauslösung,Zusatzlast zur Auslösung
  • < 10% der Opfer

Gleitschneelawinen

  • nasser Schnee
  • nur Selbstauslösung
  • Gleitschicht nasse Wiese, nasser Fels
  • Hochwinter: warmer Boden
  • Frühing: Schmelzwasser von oben
  • langsamer Anriss - Fischmaul
  • < 1 % der Opfer

Staublawinen

  • Entstehung oft aus Schneebrettlawinen
  • bei hoher Lawinenwarnstufe
  • sehr schnell

Nassschneelawinen

  • meist im Frühjahr
  • Gleitschichten durch Tauwasser

Wechtenabbrüche

  • Wechten wachsen bei mittleren Windgeschwindigkeiten und hoher Luftfeuchtigkeit
  • Bruch im Frühwinter: Kragarmmoment wird durch Zuwachs zu groß
  • Bruch im Frühjahr: Tagestemperatur reduziert Widerstandsmoment an der Kragarmeinspannung

 

Lawinauslösung

Wir gehen normalerweise von einer Auslösung oben, im Steilen, durch eine Störung, wie Skifahrer, Tauauflast, Schneefall etc. aus. Dabei trennen sich aufeinanderliegende Schneeschichten durch Scherrisse.

 

Es gibt aber auch eine Fernauslösung von Lawinen von unten, aus dem flachen Bereich heraus, mehrere hundert Meter weiter oben. Diese lassen sich über Scherrisse nicht erklären.

Jüngste Untersuchungen ergaben, dass die Eiskristalle der Grenzschicht Hohlräume haben. Wenn eine Skifahrerlast im flachen Gelände für einen "Volumenkollaps" reicht, wird Energie frei.

Diese setzt den Riss, man spricht von einem "Antiriss", im Gelände dann fort, wenn die kritische Energiebarriere, die geringer als bei einem Scherriss ist, erreicht wird. Der Riss setzt sich dann innerhalb von Sekunden auch nach oben fort. Nur Reibungskräfte halten die obere Schneedecke zurück. Gelangt aber der Riss bis in Hangneigungen, bei denen die Hangabtriebskraft grösser als die Reibungskraft ist, entsteht eine Schneebrettlawine, obwohl der Skifahrer weit weg von gefährlichen Hangneigungen war. Fatal !!!

Es werden also auch Schneeprofile im flachen Bereich zunehmend Bedeutung bekommen.

 

Fernauslösung Quelle: 

https://www.fraunhofer.de/content/dam/zv/de/migration3/documents/Magazin1-2009_20_tcm7-15546.pdf

 

 

Lawinenprobleme, siehe auch Lawinenwarnbericht

 

Triebschnee.  

Hang > 30 Grad

ab Windgeschwindigkeiten von 15 km/h

 

 Trockene Schneebrettlawinen
 Natürliche und künstlich ausgelöste Lawinen möglich

Neuschnee    

Hang > 30 Grad

wenn keine Bindung zum (gefrorenen) Untergrund erfolgt

 

 Trockene Schneebrettlawinen
 Trockene Lockerschneelawinen
 Natürliche und künstlich ausgelöste Lawinen möglich

Altschnee.      

Hang > 30 Grad

sehr schwierig zu erkennen und oft grosse Schneemengen

 

  •   Trockene Schneebrettlawinen

  •   Meistens künstlich ausgelöste Lawinen, meist in Kombination mit anderen

  •   Fernauslösungen sind möglich und die Rissausbreitung über große Strecke

Nassschnee  

Hang > 20 Grad

nasser Schnee im Frühjahr in den man leicht einsinkt

 Nasse Schneebrettlawinen
 Nasse Lockerschneelawinen
 Hauptsächlich natürliche Lawinen

Gleitschnee .  

Hang > 20 Grad

nasser Schnee im Frühjahr

 

 Gleitschneelawinen; trocken/kalt und nass/0°C‐isotherm
 Fast ausschließlich natürliche Lawinen. Künstliche oder durch

Personen ausgelöste Lawinen sind sehr unwahrscheinlich.

Wechten

  •   Natürliche Abbrüche von Wechten sind bei Winterstürmen häufig, da die Wechten rasch anwachsen und instabil werden.

  •   Rasche Erwärmung, Regenfälle oder langanhaltende Schmelze

    können dazu führen, dass Wechten instabil werden, sich verformen und brechen.

keine Gefahrenlage

 

Beurteilung der Lawinengefahr vor der Tour

Regionale Lawinenstufe

 

Man liest, sinniger Weise, den Bericht von rechts nach links:

 

Für den in der Karte eingefärbten Bereich gilt:

1., Über der Waldgrenze, in allen Himmelsrichtungen, ggf. Triebschneeprobleme (4er, siehe oben)

2., Unter 2400m, in allen Himmelsrichtungen, ggf. Gleitschneeprobleme (unten 3er und oben 4er, siehe oben)

3., Unter der Waldgrenze, in allen Himmelsrichtungen, ggf. Neuschneeprobleme (3er, siehe oben)

 

Höhenlage, Hangform und Bewaldung

 

Die Höhenlage/Hangneigungen:  http://alpenvereinaktiv.com und dem Register Tourenplanung

Der Bewuchs:                              (https://www.google.de/maps/)

 

Höhen über 2000 m erzeugen Lawinengefahr. (Windverfrachtungen werden nicht mehr durch Wald gebremst).

Mulden und steile Quellgebiete sind "Lawinengebiete".

Unter Felsen (Wald), in großen Hängen und bei Geländeverengungen besteht Lawinengefahr.

 

Exposition (Himmelsrichtung des Hanges)

 

In schattige Hänge mit einer Ausrichtung nach Nord, Nord-West, Nord-Ost und Ost  bleibt der Schnee länger unverfestigt und locker. Sie sind wesentlich häufiger lawinengefährdet (70% der Todesopfer) als Hänge die südseitig ausgerichtet sind

 

 

Lawinenlagebericht

 

Der Lawinenlagebericht erscheint täglich. 

Je nach Höhenlage und Exposition werden hier die Lawinenstufe und die Lawinenprobleme angegeben.

 

 

Beurteilung der Lawinengefahr während der Tour

 

Hangneigungen

 

97 % aller Lawinenunfälle passieren in Hängen die steiler als 30 Grad sind.

 

Kritische Hangbereich mit > 30 Grad lassen sich bereits zuvor in der Alpenvereinaktiv-Karte (s.o.) erkennen

 

Vor Ort Bestimmung der Hangneigung bezüglich der 30 Grad - "Richtschnur"

  • exakte Neigungsbestimmung mit Neigungsmesser des Handys + Skistock
  • Libelle am Stock (Eigenbau)
  • Schotterkegel haben ca. 30 Grad
  • ab 30 Grad kommt man ohne Spitzkehren nicht mehr aus
  • Gelände, das Fels durchsetzt ist hat (Fels wächst aus dem Hang heraus) mehr als 38 Grad (ab da Lockerschneelawinen)

Die Lawinengefahr in Abhängigkeit von der Hangneigung:

Merksatz: Ein 2er bis 40 Grad ist sicher. Finger weg vom 3er.

Oberflächenveränderungen, die Triebschnee anzeigen

 

Schnedeckenveränderungen verraten wo gefährlicher Triebschnee zu erwarten ist

 

 

Wichtige Alarmzeichen,

- deswegen stets wachsam bleien

 

  • Lawinenauslösungen in anderen Hängen
  • Risse                         beim Betreten der Schneedecke
  • WUMM-Geräusche   beim Betreten der Schneedecke
  • Stark durchässte Schneedecke
  • Neuschnee / Triebschnee
  • Temperaturanstieg / labile Altschneedecke
  • große Gruppen ohne Abstände

 

 

Zusammenstellung kritischer Faktoren

 

 

Wissenschaftliche Betrachtung

 

Wer tiefer in die Materie einsteigen möchte sei folgende Abhandlung empfohlen:

 

https://www.youtube.com/watch?v=04xyE_q8kWY eine Übersicht von Michael Larcher

 

 

 

Beispiel für ein Schneeprofil:

 

 

Beispiel für Unvernunft im Winter: